Die nützlichsten Distributionen

Zweitsysteme auf USB eignen sich als mobile Allzwecksysteme, als sichere Surfsysteme oder als Reparatur- oder Backup-Dienstleister. Für die erstgenannten Einsatzgebiete ist Geschwindigkeit Pflicht, aber auch generell darf es gerne schnell gehen.

Gesucht wird das schnellste und beste Linux auf USB als Allzweck-Zweitsystem. Was wir in diesem Beitrag empfehlen werden, sind dann allerdings nicht die typischen Minimalisten oder Live-Spezialisten, die sich als Kandidaten scheinbar aufdrängen. Denn das Ergebnis sollte mehrheitstauglich und halbwegs komfortabel ausfallen - und das wirft diverse typische Mobil-Spezialisten aus dem Rennen.

Zur Info: Alle aufgeführten USB-Bootzeiten wurden mit einem 64-GB-Stick Sandisk Ultra 3.20 gemessen, allerdings auf einem älteren PC mit USB 3.0 (Gen1). Die Leistung kann auf ganz moderner Hardware besser ausfallen als hier gemessen, schlechter nur mit USB 2.0.

Aussortiert: Spezialsysteme für Bastler
Es gibt einige bekannte Minimalisten, die sich auf den Livebetrieb als Zweit- oder Servicesystem spezialisiert haben. Ursprüngliche Zielsetzung von Live-Pionieren wie Knoppix und Puppy war allerdings eine Lösung für eine extreme Mangelsituation, die eigentlich aus der Zeit gefallen ist: Das System sollte mit CD-Kapazität zurechtkommen, die Nur-Lesbarkeit dieses Mediums muss mit virtuellen Dateisystemen im RAM kompensiert werden und dabei noch mit wenig RAM auf alter Hardware auskommen. Das sind Mangelbedingungen, die auf moderner Hardware und auf heutigen USB-Sticks eigentlich hinfällig sind. Minimalisten wie Porteus, Slax, Slitaz, Sparky, Tiny Core, Trisquel Mini oder Watt-OS setzen diese Techniken dennoch im Sinne einer Spezialisierung fort.

Aus diesem Grund sortieren wir außer Knoppix alle oben genannten Kandidaten aus, obwohl ein Slax ein USB-Schnellbooter ist (10 bis 12 Sekunden) und ein Puppy Linux wieselflink im Alltagsbetrieb arbeitet.

Es gibt aber noch weitere Gründe: Slitaz und Tiny Core sind Reduktionsrekorde ohne echte Alltagsrelevanz. Slax, Puppy Linux und Porteus sind allenfalls für Bastler relevant: Allein schon, deren nicht-hybride ISO-Images (nur auf CD/DVD-bootfähig) auf USB zu befördern, nötigt zu manuellen Schritten (Slax) oder zum Umweg über eine CD oder eine virtuelle Maschine (Puppy, Porteus).

Weiterführende Anpassungen des Livesystems sind entweder kompliziert (Slax, Porteus) oder inhaltlich unbefriedigend: Die Puppy-Systeme bieten für ihr eigenes Paketformat wenig Software und diese praktisch nur englischsprachig.

Bei etlichen weiteren Minimalisten wie Sparky, Trisquel oder Watt-OS ergeben sich keine offensichtlichen Vorteile gegenüber einem Debian oder Derivaten wie MX Linux und Q4-OS.

Ein pures, unveränderliches Livesystem taugt nicht als Zweitsystem. Erst eine Persistenzoption für eigene Dateien, Anpassungen und Nachinstallationen macht das Zweitsystem attraktiv. Die Auswahl solcher anpassungsfähiger Livesysteme wäre trotz der oben aussortierten Live-Spezialisten enorm, weil jedes Ubuntu-basierte ISO-Installationsmedium über das Tool Unetbootin mit Persistenz auf USB geschrieben werden kann. Sie müssen dazu im Unetbootin-Fenster neben der Option "Platz um Dateien zwischen Neustart zu erhalten" nur eine MB-Angabe eintragen. 2000 bis 8000 MB sind je nach Kapazität des USB-Sticks sinnvolle bis großzügige Werte. Unetbootin meldet dann beim Aktionsschritt 3 ("Installiere Startverwalter") zusätzlich die Aktion "Erstellen der Persistenz".

Optimal sind Live-Ubuntus allerdings nicht, weil sie aufgrund eines standardisierten Checks des Livemediums nicht sonderlich schnell booten. 40 Sekunden sind auch bei kleinem Lubuntu oder Xubuntu für jeden Start einzurechnen. Aus Leistungsgründen sind Ubuntu-Distributionen daher eher ein Fall für ordentliche Installation auf USB.

Noch ein zweiter Grund spricht gegen Live-Ubuntu auf USB: Es gibt dabei keine Möglichkeit, das USB-Medium durch Verschlüsselung zu schützen.

Das Debian-basierte Knoppix ist der Live-Klassiker schlechthin und ein "No-Brainer". Wem der relativ einfache LXDE-Desktop nicht zu schlicht ist, kann mit Knoppix definitiv nichts falsch machen. Deutschsprachig, mit exzellenter Hardwareerkennung, opulenter Softwareausstattung und anspruchslosem LXDE-Desktop ist Knoppix erste Wahl für ein Zweit- oder Surfsystem.

Mit USB-Bootzeiten von 20 Sekunden zum eingabebereiten Desktop gehört Knoppix zu den schnellen Livestartern, wenngleich er mit Spezialisten wie Slax oder Porteus nicht ganz mithalten kann.

Im laufenden Betrieb und beim Start von Programmen ist die Knoppix-Leistung durchschnittlich, aber jederzeit agil. Knoppix hat aber zusätzlich den unschätzbaren Vorteil, dass weder der LXDE-Desktop viel Eingewöhnung fordert noch Software nachinstalliert werden muss. Knoppix hat wirklich alles an Software und Tools am Start.

Der Download von einem der Mirrorserver unter www.knopper.net/knoppix-mirrors beträgt für die aktuellste Version 9.1 circa 4,4 GB. Achten Sie in der Liste der ISO-Dateien auf "-DE" im Dateinamen ("Knoppix_V9.1DVD-2021-01-25-DE.iso"). Das hybride ISO-Abbild kann mit den üblichen Tools auf USB-Stick kopiert werden.

Für häufige Nutzung ist die Persistenzoption unentbehrlich, die bei Knoppix "Overlay-Partition" heißt. Dazu müssen Sie aber aus einem bereits laufenden Knoppix ein zweites erstellen. Das maßgebliche Tool "Flash Knoppix" finden Sie unter "Knoppix -› Knoppix auf Flash kopieren". Nach Auswahl des Zieldatenträgers folgt die "Installation auf FAT32 mit zusätzlicher Overlay- Partition". Die Abfrage zur Größe der Overlaypartition können Sie auf einem USB-Stick einfach mit "OK" übernehmen. Dann erhält die Overlaypartition auf dem Stick die komplette Restkapazität, die das eigentliche Knoppix-System übriglässt. Eine letzte Frage betrifft den optionalen Verschlüsselungsschutz der Overlaypartition. Es handelt sich um die einzige Möglichkeit, einen USB-Stick mit Knoppix systemweit zu schützen, weil Knoppix als Livesystem keine Benutzerverwaltung hat. Die Verschlüsselung schützt neben dem Knoppix-System auch die persönlichen Daten auf dem USB-Stick.

Mit Overlaypersistenz erlaubt Knoppix Anpassungen aller Art, auch Nachinstallationen und Entfernen überflüssiger Pakete. (De-)Installationen sind wahlweise über apt im Terminal zu realisieren oder auch über Synaptic.