Netzwerk-Firmen leiden unter fehlenden Komponenten

Obwohl die meisten Netzwerkunternehmen schwer unter den Störungen in den weltweiten Lieferketten leiden, können sich die Zahlen von Arista, Juniper, Extreme und F5 sehen lassen.

Der Rising Star im Markt für Netzwerkequipment ist derzeit zweifellos Arista Networks. Das 2004 von Andreas von Bechtolsheim und David Cheriton gegründete Unternehmen stellt Layer-3-Switches her und ist im Markt für Software-defined Networking ein wichtiger Player. Das Unternehmen konnte trotz der, wie es hieß, "andauernden Herausforderungen in einem unsicheren Lieferkettenumfeld" erstmals ein Quartal mit einem Umsatz von über einer Milliarde Dollar abschließen.

Die Erlöse lagen mit 1,05 Milliarden Dollar um knapp 49 Prozent über denen des Vorjahres. Auch der Nettoertrag (nach GAAP) übertraf mit 299 Millionen Dollar (Vorjahr: 197 Millionen) alle Erwartungen.

Arista freut sich über Hyperscaler als zahlungskräftige Kunden
Ein Grund für die guten Zahlen ist, dass Arista die Cloud-Hyperscaler zu seinen größten Kunden zählt. Die investieren auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, zumal die Nachfrage nach Public-Cloud-Diensten ungebrochen stark ist. Jayshree Ullal, CEO von Arista, wies in der Analystenkonferenz zu den kürzlich vorgestellten Geschäftszahlen daraufhin, dass Arista darunter gelitten habe, bestellte und zugesicherte Komponenten in letzter Minute doch nicht zu bekommen.

"Im ersten Quartal war das Problem mit den Komponenten schon groß, im zweiten wurde es nicht besser und auch im dritten Quartal erwarten wir keine großen Fortschritte." Vielleicht werde sich die Lage dann im nächsten Jahr entspannen. Das Problem sei keineswegs trivial: "Wenn uns eine bestimmte Komponente fehlt, können wir kein System bauen", warnte Ullal. Viele Teile hätten eine Vorlaufzeit von 70 Wochen, was bedeute, dass Arista mehrere Quartale, zum Teil sogar Jahre im Voraus planen müsse. Hierin bestehe gegenwärtig die größte Herausforderung für das Unternehmen.

Juniper Networks will resilienter werden
Andere Netzwerkanbieter, darunter Juniper Networks und Extreme Networks, berichten ähnlich verzweifelt über den Zustand ihrer Zulieferketten. Immerhin übertraf auch Juniper im zweiten Quartal mit einem Umsatz von 1,27 Milliarden Dollar (Vorjahr: 1,17 Milliarden) seine Umsatzprognose und lag mit einem Nettoertrag von 113,4 Millionen Dollar weit über dem Ergebnis des Vergleichsquartals 2021 (62 Millionen Dollar).

CEO Rami Rahim beklagt ebenso wie der Arista-CEO den weltweiten Mangel an Halbleitern und Komponenten. Herausforderungen in der Lieferkette führten zu verlängerten Vorlaufzeiten und höheren Kosten für Produkte und Logistik. Juniper setze auf Bevorratung knapper Güter, indem die Lagerbestände stärker aufgefüllt würden als üblich und den Lieferanten mehr Zugeständnisse gemacht würden. Man bemühe sich nach Kräften darum, resilienter zu werden und die negativen Auswirkungen durch Störungen, die letztendlich nicht kontrollierbar seien, abzumildern.

Der Auftragsbestand habe sich auf etwa zwei Milliarden Dollar erhöht, freute sich Junipers Finanzchef Ken Miller. "Wir gehen davon aus, dass er bis zum Ende des Jahres auf einem hohen Niveau bleibt." Rahim ergänzte anlässlich der Bekanntgabe der Geschäftszahlen im Gespräch mit den Finanzanalysten: "Jedes Quartal scheint andere Herausforderungen bereitzuhalten. Aber wir scheinen ganz gut darin zu sein, diese Aufgaben zu meistern."

Extreme Networks kann Aufträge kaum abarbeiten
Etwas kleiner als Arista und Juniper ist Extreme Networks, ein US-Lieferant von Netzwerk-Equipment und Software rund um Netzwerk-Management, Sicherheit und Zugangskontrolle. In seinem vierten Geschäftsquartal lag der Anbieter mit Einnahmen von 278,2 Millionen Dollar auf Vorjahresniveau, für das gesamte Geschäftsjahr stiegen die Erlöse um zehn Prozent auf 1,1 Milliarden Dollar. Der Nettoertrag (nach GAAP) schrumpfte im vierten Quartal gegenüber der Vorjahresperiode um knapp die Hälfte auf 5,4 Millionen Dollar zusammen, erreichte im Gesamtjahr aber 44,3 Millionen, ein Vielfaches der im Jahr davor erwirtschafteten 1,9 Millionen Dollar.

Extreme-CEO Ed Meyercord freut sich über den starken Zuwachs bei Umsatz und Bestellungen: "Während die Auftragseingänge um 24 Prozent stiegen und der Umsatz zum ersten Mal 1,1 Milliarden Dollar übertraf, beenden wir das Fiskaljahr mit einem Rekord-Lieferrückstand von 513 Millionen Dollar." Der Auftragsbestand werde weiter anwachsen, angesichts der langen Vorlaufzeiten und ausstehenden Lieferverpflichtungen werde sich die Lage wohl erst im vierten Quartal des laufenden Geschäftsjahres, also in den Monaten April bis Juni 2023, entspannen.

Gartner warnt vor langen Lieferzeiten
Was der Extreme-Chef berichtet, passt zu den Vorhersagen der Analysten von Gartner. Vor der Corona-Pandemie seien Produktvorlaufzeiten von vier bis sechs Wochen üblich gewesen, jetzt lägen sie bei 200 bis 300 Tagen. "Wir haben Fälle gesehen, in denen Kunden schriftlich 430 und mehr Tage genannt wurden. Wir erwarten, dass die Lieferbedingungen bis Anfang 2023 angespannt bleiben, im laufe der folgenden Monaten wird dann eine langsame, schrittweise Verbesserung eintreten", schrieb Gartner-Analyst Andrew Lerner bereits im Februar 2022 in einem Blog-Posting.

Lerner betont, dass von den Lieferengpässen nicht alle Netzwerkunternehmen gleichermaßen betroffen seien. Je nach Angebotsportfoilio, Strategien und den jeweiligen Supply Chains unterschieden sich die Umstände erheblich. Auch hätten Anbieter wie Cisco und HPE/Aruba insofern Auswege aus der Krise gefunden, als sie erfolgreich mit wiederaufbereiteter, zertifizierter und mit Support unterstützter Refurbished Hardware handelten.

F5: Software hui, Hardware pfui
Trotz der andauernden Lieferketten-Probleme ist bei der F5 Inc. die Stimmung eher gelassen. Das Unternehmen, das seine Geschäftsschwerpunkte auf so verschiedenen Feldern wie Anwendungsverfügbarkeit, -sicherheit und -Performance, Application Delivery Networking (ADN), Netzwerksicherheit und Multi-Cloud-Management setzt, konnte sein drittes Quartal mit um vier Prozent gewachsenen Einnahmen von 674 Millionen Dollar abschließen.

Während die Softwareerlöse um 38 Prozent zulegten, musste F5 aufgrund fehlender Halbleiter und Komponenten bei seinen Systemumsätzen Abstriche machen: Sie brachen um 18 Prozent ein. Dennoch fiel der Quartalsertrag positiv aus: F5 erwirtschaftete 83 Millionen Dollar, nur sieben Millionen weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. "Die Herausforderungen in der Lieferkette schränken unsere Fähigkeit, Systeme auszuliefern, weiterhin stark ein", sagte Francois Locoh-Donou, Präsident und CEO von F5. Dennoch seien die "Nachfragesignale" weiter stark, man liege über den ursprünglichen Plänen für das Geschäftsjahr 2022", so der CEO im Analystengespräch.

Cisco hat Geschäftserwartungen gesenkt
Marktführer Cisco wird seine Ergebnisse erst später in diesem Monat vorlegen, hatte aber seine Prognose für das am 31. Juli beendete Fiskaljahr 2022 schon im Mai reduziert. Der Umsatz werde im abschließenden vierten Quartal um ein bis fünf Prozent sinken und im gesamten Jahr nur noch um zwei bis drei Prozent wachsen. Zuvor hatte CEO Chuck Robbins ein Jahresplus von 5,5 bis 6,5 Prozent in Aussicht gestellt. Der Erfolg hänge eher von der Verfügbarkeit von Computerchips und Komponenten ab als von der Kundennachfrage, die weiter intakt sei.

Cisco erklärte, dass es bis zum Jahresende Engpässe bei etwa 250 kritischen Komponenten geben werde, die aus insgesamt 41.000 Einzelteilen bestünden. "Wir arbeiten jeden Tag an diesen Engpässen. Jeden Tag werden einige davon behoben und jeden Tag kommen ein paar andere auf die Liste", hatte Cisco erklärt. Für sein drittes Quartal (Ende: 30. April 2022) hatte Cisco einen stagnierenden Umsatz von 12,8 Milliarden Dollar und einen - dank reduzierter Betriebskosten um sechs Prozent gestiegenen - Ertrag von drei Milliarden Dollar ausgewiesen.