US-Sanktionen belasten Huawei

Der chinesische Konzern versucht, sich von westlicher Technologie unabhängig zu machen und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Doch die Probleme sind nicht überwunden.

Die Geschäfte des chinesischen Technologiekonzerns Huawei laufen vor dem Hintergrund scharfer US-Sanktionen weiter schleppend. Nach einem kräftigen Einbruch 2021 stieg der Umsatz des Unternehmens aus dem südchinesischen Shenzhen im vergangenen Jahr um 0,9 Prozent auf 642,3 Milliarden Yuan (85,8 Milliarden Euro). Das geht aus dem am Freitag vorgelegten Geschäftsbericht hervor. Der Gewinn sank demnach im Vergleich zum Vorjahr um gut zwei Drittel auf 35,6 Milliarden Yuan.

Bei der Vorlage der Geschäftszahlen gab sich der bis Ende März amtierende Vorstandschef Eric Xu kämpferisch: Dieses Jahr werde für das Überleben und die Entwicklung von Huawei entscheidend sein. "Es stimmt zwar, dass wir unter erheblichem Druck stehen, aber wir haben alles, was es braucht, um am anderen Ende wieder herauszukommen", sagte Xu.

Laut Geschäftsbericht investierte Huawei im vergangenen Jahr rund 161,5 Milliarden Yuan in Forschung und Entwicklung - eine Summe, die rund 25 Prozent des Umsatzes entspricht.

Die US-Regierung hatte Huawei 2019 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump mit Sanktionen belegt. Als Grund wurden Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit genannt, weil der Netzwerkausrüster und Smartphoneanbieter möglicherweise mit chinesischen Behörden und dem Militär kooperiere. Huawei hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen.

Presseberichten zufolge erwägt US-Präsident Joe Biden, die Sanktionen gegen das Unternehmen zu verschärfen. Huawei könnte der Zugang zu Halbleitern wichtiger US-Zulieferer wie Qualcomm oder Intel verwehrt werden. Peking sieht in den Sanktionen einen Versuch des Rivalen USA, Chinas technologischen und politischen Aufstieg in der Welt zu bremsen.

Als Reaktion auf die US-Maßnahmen hat der Konzern in den vergangenen Jahren Tausende westliche Bauteile ersetzt und neue Geschäftsfelder erschlossen. Huawei hatte zum Jahreswechsel den "Krisenmodus" für beendet erklärt. Die US-Sanktionen gehörten für zur neuen Realität, betonte Xu damals.

"Im Jahr 2022 haben ein herausforderndes externes Umfeld und marktfremde Faktoren das Geschäft von Huawei weiter belastet", sagte Xu nun. "Inmitten dieses Sturms haben wir alles in unserer Macht Stehende getan, um die Kontinuität des Geschäfts aufrechtzuerhalten."

Man habe große Anstrengungen unternommen, "um einen stetigen Strom von Einnahmen zu generieren, um unser Überleben zu sichern und die Grundlage für die zukünftige Entwicklung zu schaffen", sagte Xu.

Huawei war vor dem Eingriff der US-Regierung der zweitgrößte Anbieter von Smartphones und wollte Marktführer Samsung aus Südkorea überholen. Durch die Sanktionen darf der Konzern unter anderem keine Geräte mit dem schnellen 5G-Datenfunk und Google-Diensten mehr verkaufen, was ihn international praktisch aus dem Smartphone-Geschäft geworfen hat.

An der Spitze des chinesischen Telekommunikationsriesen steht ein politisch heikler Personalwechsel an, der Auswirkungen auf das ohnehin schwierige Verhältnis zu den USA haben könnte. Die Tochter des Firmengründers, Finanzchefin Meng Wanzhou, die einst ins Visier der US-Justiz geriet, hat am 1. April erstmals den rotierenden Vorsitz des Konzerns übernommen.

Vorsichtiger geworden ist auch die Bundesregierung, die Bedenken des Verfassungsschutzes und anderer Sicherheitsbehörden gegenüber den chinesischen Telekommunikationsausrüstern Huawei und ZTE inzwischen sehr ernst nimmt.

So wies das Bundesinnenministerium in der zweiten Märzwoche einem Schreiben an mehrere Unternehmen der Branche darauf hin, dass es künftig nicht nur um die Prüfung erstmalig eingesetzter kritischer Bauteile von Huawei gehen werde, sondern auch um den weiteren Einsatz. Mit anderen Worten: Diese müssten gegebenenfalls ersetzt werden.

Verfassungsschutz-Vizepräsident Sinan Selen betonte kürzlich, er sei zufrieden, dass im neuen Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) klar formuliert sei, dass es hier nicht nur um technische Fragen gehe, sondern auch darum, wie stark der staatliche Einfluss auf das jeweilige Unternehmen sei.

Konkret auf Huawei angesprochen, sagte er: "Ich möchte Entscheidungsprozesse des BSI nicht vorwegnehmen; die schauen sich kritische Komponenten an, und sie kommen zu einem bestimmten Zeitpunkt X zu Entscheidungen".

China versucht derzeit vor dem Hintergrund politischer Spannungen zwischen Peking und Washington, eine Chipindustrie aufzubauen, die weitgehend unabhängig von Lieferungen aus dem Westen funktioniert.